Karl Kardinal Lehmann ist tot. Der ehemalige Vorsitzende der Katholischen Deutschen Bischofskonferenz hat sich am Sonntag (11. März) im Alter von 81 Jahren „auf seine letzte Pilgerreise“ begeben.
So drückte sein Nachfolger Peter Kohlgraf das Ableben des langjährigen Erzbischofs von Mainz aus. Von 1983 bis 2016 war Lehmann Bischof von Mainz. Von 1987 bis 2008 war er Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz.
2001 wurde Lehmann von Papst Johannes Paul II. zum Kardinal erhoben. Diese Würde erhielt er trotz seiner geradlinigen und oft unbequemen Haltung gegenüber Papst und Kirchenoberen. Gerade sie aber verschaffte ihm in Deutschland großen Respekt auch außerhalb der Katholischen Kirche.
Beim XI. Marburger Ökumenegespräch am 24. Januar 2004 bin ich ihm persönlich begegnet. Das Thema lautete damals „Gottesrecht – Menschenrechte. Gefährden Religionen den Frieden?“.
Während alle anderen Referenten die Mittagspause zum gemeinsamen Gaststättenbesuch nutzten, setzte Lehmann sich an den großen Tisch zu den „einfachen“ Gästen, wo für geringe Gebühr eine Suppe ausgeteilt wurde. Freundlich beantwortete er Fragen von rechts und links wsowie über den Tisch hinweg. Für ihn schien es selbstverständlich, dass er nicht mit den „großkopfeten“ davonlief, sondern sich unter das „einfache Volk“ mischte.
Respekt nötigte mir seine Haltung zur Schwangerschaftsberatung ab. Lange kämpfte er dafür, dass die Katholische Kirche sie durchführte und dafür auch entspechende Bescheinigungen ausstellte. Zwar beugte er sich schlißelich –
im Gegensatz zu seinem Limburger Amtskollegen Franz Kamphaus – dem Druck des Papstes, sorgte jedoch dafür, dass die Beratung unter anderem Namen und auf anderer Ebene weiterlief.
Auch seine Kritik am Entzug der kirchlichen Lehrbefugnis von Prof. Dr. Hans Küng zeugt von aufrechtem Geist. Erst spät erhielt Küng eine Wiedergutmachung durch seinen früheren Weggefährten und Professorenkollegen Josef Ratzinger, der ihn als Papst Benedikt XVI. in den Vatikan einlud.
Ebenso anständig war Lehmanns Eintreten für Flüchtlinge und die Haltung der Bundeskanzlerin Angela Merkel. „Was hätte sie dennn sonst machen sollen?“, fragte Lehmann nur.
Aktiv beteiligt war Lehmann an der wahl von Jorge Mario Bergoglio zum Papst Franziskus. Darin sah er voller Freude die Chance auf eine notwendige Erneuerung der Kirche.
In anderen Fragen hat Lehmann nicht immer meine Erwartungen erfüllt. Dennoch war er für mich letztlich ein Beispiel für eine menschenfreundliche christliche Haltung. Zu hoffen bleibt, dass viele in der katholischen Kirche seine Pilgerreise fortsetzen auf dem Weg zu Mitmenschlichkeit und christlicher Nächstenliebe.