Fränzchen weinte leise: Als kleiner Knirps im Krankenhaus in Quarantäne

Mit drei Jahren musste ich in Quarantäne. Diese Erfahrung hat mich nachhaltig geprägt und auch gestärkt.
1958 bekam mein ältester Bruder eine hoch ansteckende Hepathitis. Der Zweite und ich wurden von ihm angesteckt. Zu dritt mussten wir in Quarantäne.
Wochenlang lag ich mit meinen beiden älteren brüdern im Kinderkrankenhaus. Selbst meine Eltern durften unsnicht im Zimmer besuchen. Hinter einer Scheibe standen sie und winkten uns zu, während sie durcheine Gegensprechanlage mit uns redeten.
Nur zu Weihnachten durften sie in weißen Kitteln, Häubchen und mit Mundschutz hereinkommen ins Zimmer. Sie brachten jedem von uns nur ein einziges Weihnachtsgeschenk mit. Den Berliner Doppeldeckbus von Wiking im Maßstab 1 zu 87 habe ich als mein erstes modellauto aufbewahrt bis heute.
Von der Außenwelt bekam ich kaum etwas mit. Durch das dicke Fenster drang aber dnoch as Tuckern der Schiffe auf dem nahegelegenen Rhein. Das beruhigte mich ungemein, dass da draußen doch noch irgendeine Welt existiert.
Wenigstens waren auch noch meine großen brüder bei mir. Trotzdem fühlte ich mich manchmal ziemlich verlassen und einsam. Aber weinen wollte ich lieber nicht allzu oft, weil dann auch meine großen Brüder losheulten, was mich in panische Angst versetzte.
Als meine Eltern uns drei abholten, fuhr uns Onkel Theo mit seinem „Leukoplast-Bomber“ vom Typ Hansa Lloyd in eine andere Wohnung. Während unserer Quarantäne waren meine Eltern von der Argelanderstraße in Bonn nach Lessenich umgezogen. Nur undeutlich erinnere ich mich an die hinter den Fensterscheeiben des Kleinwagens vorüberziehenden fremden Häuser und das Gefühl von Fremdheit, das sich in die Erleichterung der Entlassung aus dem Krankenhaus mischte.
Ich blieb ein kränkliches Kind und eine verschüchterte Seele. Mit fünf Jahrenmusste ich noch einmal für mehrere Monate ins Bonner Sankt Marienhospital. Dort sollte ich heiße Milch trinken, was in mir bis heute einen unsäglichen Ekel gegen Milch hinterlassen hat.
Die frei gewählte Quarantäne, die ich derzeit durchmache, belastet mich angesichts der großen Probleme anderer Menschen weitaus weniger als damals. Aus dem schüchternen kleinen Fränzchen ist inzwischen der weitgehend selbstsichere Franz-Josef geworden. Doch kann ich sehr gut nachfühlen, was häusliche Isolation für Kinder oder psychisch sensible Menschen bedeutet.
Umso dankbarer bin ich all denjenigen, die sich solidarisch um andere kümmern in dieser Krise. Geradezu tröstliche „Seelennahrumg“ war für mich das „Wohnzimmerkonzret“ des weltberühmten Pianisten Igor Levit, das @IgorPianist am Donnerstag (2. April) von seiner Wohnung in Berlin ins Schloss Bellevue beim Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier verlgen konnte. Wunderbar finde ich auch die Konzerte der Organistin @andijah, die bei ihren täglichen Online-Darbietungen aus leeren Kirchen ausschließlich kompositionen von Frauen zu Gehör bringt.
Ihr alle, die Ihr Trost braucht, sollt wissen: Wir sind für Euch da! Zusammen sind wir stark. Der Staat sind wir; und Solidarität ist die Grundlage gelebter Demokratie.

2 Kommentare zu “Fränzchen weinte leise: Als kleiner Knirps im Krankenhaus in Quarantäne

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