Ach Du liebe Zeit: Nachts liegt sie immer nah neben mir


Tag und Nacht ist sie stets für mich da. Nachts liegt sie nah neben mir. Wenn ich wach werde, taste ich vorsichtig nach ihr.
Beruhigt bin ich, wenn ich sie fühlen und ihre „Stimme“ hören kann. Still liegt sie neben mir auf dem Nachttisch und wartet darauf, dass ich sie drücke. Meine „sprechende Uhr“ sagt mir dann, wie spät es ist.
Morgens weckt sie mich zuverlässig zur voreingestellten Zeit. Meist werde ich vorher schon von alleine wach, aber notfalls hilft mein sprechender Wecker auch nach.
Heute morgen hingegen half Alles nichts. So oft ich auch drückte, blieb meine Uhr still. Ich bin verstimmt, denn sie ist verstummt.
Gestern abend war es mein Mikrofon, das den Dienst versagte und mich stumm machte. Beim „Teamtalk“ konnte ich Jens Bertrams und Eckart Fuchs zwar hören, doch sie mich nicht. Das alte Mikrofon machte einfach nicht mit.
Das Coronavirus zerrt an den Nerven. Die Welt ist aus den Fugen geraten und wirbelt unser tägliches Leben durcheinander mit Macht. Allmählich erkennen wir, wie wenig wir Werte wie Solidarität und Demut gegenüber der Natur wirklich wertgeschätzt haben.
Wenigstens warteten heute morgen frisch aufgebackene Brötchen, Rührei und köstlicher Kaffee auf mich. Wir habennoch fließendes Wasser und ständig Strom aus der Steckdose. Wir können telefonieren und uns Unterstützung erfragen.
Dank dieser Möglichkeiten hat Eckart mir heute morgen Links zu Mikrofonen und Sprechenden Uhren auf Amazon zugemailt. Eine Ersatzlösung für „Teamtalk“ hat er auch schon vorbereitet. Mit einem erleichterten Gefühl beginnt der Vormittag, aber auch mit einer gewissen Nachdenklichkeit.
Wir sind verletzlich und unsere hochgelobte Technik leider noch viel mehr. Die Covid-Pandemie führt das Allen eindringlich vor Augen. Flüge zum Mond oder möglicherweise gar Mars täuschen über die Beschränktheit menschlichen Geists nun nicht mehr hinweg.
Leben und Gesundheit sind unser kostbarster und gefährdester Besitz. Unseren Lieben gilt unsere größte Sorge. Wahrer Reichtum besteht in echten Freunden und glücklichen Momenten beim Genuss von Kultur.
Gesundheit ist keine Ware. Die gigantische Gier und das – Natur und Menschen rücksichtslos geraubte – Bare bringt am Ende viele tausend Menschen ins Krankenbett oder gar auf die Bahre.
„Umdenken und umlenken“, lautet nun die Devise. Abstand halten voneinander und doch einstehen füreinander ist unsere Rettung. Solidarität hilftgegen das Coronavirus und den mörderischen Neoliberalismus ebenso wie gegen die drohende Klimakatastrophe.
Wenn die Wirtschaft wieder hochfährt, müssen wir alle darauf achten, dass unsere Zukunft und unsere Gesundheit dabei nicht gefährdet wird. Das bedeutet nicht nur, dass der „Wiederaufbau“ langsam und schrittweise erfolgen muss, sondern dass er auch ökologisch, sozial und klimaneutral stattfinden muss.

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