Ihr Mut lebt: Dietrich Bonhoeffer und Georg Elser wurden am 9. April 1945 hingerichtet

„Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarte ich getrost,was kommen mag.“ Dieser berühmte Satz in dem berührenden Gedicht von Dietrich Bonhoeffer hat schon viele tausend Menschen in schweren Zeiten getröstet.
Beim Begräbnis meiner Ehefrau Erdmuthe Sturz ist er auch erklungen. Gefragt wurde ich damals, ob das Lied in Dur oder Moll gespielt werden sollte. „Natürlich Dur“, habe ich sofort geantwortet.
Sein Gedicht hat Bonhoeffer in einer Gefängniszelle geschrieben. Am 9. April 1945 wurde der Theologe im KZ Flossenbürk hingerichtet.
Gerade angesichts des Todes hat er eindringliche Worte gefunden, die tiefe Zuversicht ausdrücken und damit Trost spenden. Trösten wollte Bonhoeffer mit seinem Gedicht seine junge Verlobte, die er nie wieder in die Arme schließen durfte.
Zwar bin ich kein Kirchgänger und verabscheue religiöse Missionierung und ein Gerede über Gott oder Jesus, das so tut, als stünden da leibhaftige Menschen neben den Redenden; doch das sprichwörtliche „Gottvertrauen“ ist mir keineswegs fremd. Ich pflege das, was der – Bönsch sprechende –
Italiener Konrad Beikircher den „rheinischen Buddhismus“ nennt: „Et kütt, wie et kütt; un et hätt noch immer jut jejange.“
Am selben Tag wie Bonhoeffer wurde Georg Elser im KZ Dachau hingerichtet. Am 8. November 1939 bereits hatte er im Münchener „Bürgerbräukeller“ ein Attentat auf Adolf Hitler versucht. Ihm gebührt genausoviel Respekt wie Bonhoeffer.
„Gott hat keine eigenen Hände, sondern wir sind seine Hände“, hat die Theologin Dorothe Sölle einmal gesagt. Diese beeindruckende, streitbare, einfühlsame und liebenswerte Frau durfte ich persönlich kennenlernen. In Fulda und später im italienischen Perugia hatte ich 1984 Gelegenheit zu längeren persönlichen Gesprächen mit ihr.
„Man bekennt, indem man handelt“ hat die Quäkerin Eva Hermann einmal zu mir gesagt. Mehr als 200 jüdische Menschen hat diese „Gerechte der Völker“ vor der Mordmaschinerie des Hitler-Faschismus unter Gefährdung ihres eigenen Lebens gerettet. Dafür ist diese tratkräftig-gläubige Frau sogar ins „Zuchthaus“ gegangen.
Ob man das „christlich“ oder „humanistisch“ nennt, spielt für mich keine Rolle. Solidarität aber ist für mich der notwendige „Klebstoff“ für den Zusammenhalt jeder Gesellschaft. Ohne Solidarität verkümmert eine Gesellschaft zu einer grausamen Meute gnadenloser Egoisten.
Jeden Tag rufe ich Menschen an, die ich seit Jahren kenne und die unter der Einsamkeit häuslicher Isolation leiden. Das kannich ohne Gefahr für meine Gesundheit von daheim aus erledigen, obwohl ich mich seit Wochen nicht mehr auf die Straße hinausbewege.
Heute mittag wird eine fremde Frau an meiner Tür klingeln. Mit einem Couvert wird sie zur Wohnung eines Freundes gehen und sie in seinen Briefkasten werfen. Die junge Frau wurde mir von der „Nachbarschaftshilfe Marburg“ gesandt.
Ebenso wie ich ist auch mein Bekannter eine sogenannte „Risikoperson“. Das Wort ist riskant und trifft nicht den Kern, dass wir beide aufgrund von Vorerkrankungen und unseres Alters im Falle einer Ansteckung mit dem Coronavirus sehr stark gefährdet wären.
In dem kleinen Päckchen befindet sich meine „Sprechende Uhr“. Mein Bekannter wird versuchen, meine Blindenuhr zu reparieren. Ich bin zuversichtlich, dass das gelingen wird.
Vorsichtshalber habe ich beim Onlinehandel eine neue „Blindenuhr“ bestellt. Man weiß ja nie!
Was ich allerdings weiß, ist, dass derzeit sehr viele Menschen anderen behilflich sind bei der Lösung ihrer Probleme. Ich wünsche mir, dass dieser Geist ebenso die Pandemie überleben wird wie die Worte des Widerstandskämpfers Bonhoeffer und die Haltung des Hitler-Attentäters Elser die Nazi-Diktatur. Nie wieder Faschismus, nie wieder gnadenloser Egoismus!