Gegen die Dummheit der Dorfdeppen: Kulturelle Aneignung ist unerlässlich

Kultur ist zwangsläufig immer auch „Aneignung“. Ohne „kulturelle Aneignung“ wäre die Menschheit zu stumpfsinnigem Provinzialismus verurteilt.
Kultur basiert auf der Vermittlung von Wissen und Fertigkeiten. Die sogenannten „Kulturtechniken“ wurden und werden dabei immer über Grenzen hinweg weitergegeben. Diesem gegenseitigen Lernen verdankt die Menschheit ihren kulturellen Fortschritt.
Neues kam und kommt aus anderen Gegenden und von Menschen anderer Volksgruppen. Neue Erkenntnisse wurden und werden an andere weitergegeben und von ihnen weiterentwickelt. Das ist das Grundmuster von Kultur, ohne dass es gar keine Kultur geben kann.
Sicherlich gibt es bei derartigen Prozessen auch Übergriffe wie den Versuch, anderen eigene „Errungenschaften“ aufzuzwingen. Das nennt man „Missionieren“ oder „Kolonialismus“. Wichtig bei der kulturellen Aneignung ist darum das Verhältnis derjenigen, die voneinander lernen wollen oder angeblich lernen sollen.
Wichtig ist, ob die Menschen, denen andere ihre neuen Erkenntnisse verdanken, als deren Vermittler gewürdigt werden oder ob sie missachtet und sogar übergangen werden. Wichtig ist, ob die kulturelle Aneignung freiwillig erfolgt und auf „Augenhöhe“. Wichtig ist auch, ob die Ergebnisse einer kulturellen Aneignung die Herkunft des zugrundeliegenden Wissens mittransportieren.
Die schärfsten Gegner kultureller Aneignung nennt man „Nationalisten“ oder „Rassisten“. Personen, die ihre eigene Blase für die einzig wahre oder gar überlebene Ausprägung menschlichen Lebens halten, sind im Endergebnis Faschisten. Kulturelle Aneignung bewahrt Menschen gerade vor derartiger Verblendung und ihren Folgen.
Insofern kann „kulturelle Aneignung“ selbst niemals etwas Verwerfliches sein. Allein die Art, in der kulturelle Aneignung geschieht, muss immer auf dem Prüfstand der Gerechtigkeit gegenüber denjenigen stehen, die an ihrem Zustandekommen beteiligt waren. Das ist vermutlich das Wichtigste, was die Menschen in Europa und Nordamerika über die grausame Geschichte des jharhundertelangen Völkermords an den Ureinwohnerinnen und Ureinwohnern Amerikas und Afrikas lernen müssen.