Prosit Neujahr: Zu viel Alkohol am Böller

Alkohol am Steuer ist verboten. Doch was ist mit Alkohol beim Böllern?
Jedes Jahr sterben Menschen im Straßenverkehr. Viele davon sterben bei Unfällen aufgrund alkoholisierter Autofahrer. Darum ist das Fahren unter Alkoholeinfluss zu Recht verboten.
Das Böllern unter alkoholeinfluss jedoch hat eine gewisse Tradition. Auch wenn sie lange noch nicht so alt ist, wie viele behaupten, war Alkohol doch schon seit vielen Jahrzehnten eng mit der Silvesternacht verbunden.
Ich erinnere mich an meine Kindheit in Bonn. Nicht eine einzige Rakete hat mein Vater jemals abgeschossen in seinem Leben. Das hat in unserer Straße erst ab Ende der 70er Jahre nur ein Enddreißiger getan, der drei kleine Töchter hatte.
Alle anderen kamen zwar vor die Tür, böllerten selber jedoch nicht. Um die Ecke am Rondell böllerten drei Brüder eine Familie, die sich immer wieder durch Respektlosigkeiten und Arroganz hervortag. Ansonsten gab es auf dem gesamten Venusberg in Bonn Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre vielleicht zusammengenommen so viel Feuerwerk wie heute in dem kleinen Straßenabschnitt der Ketzerbach 50 Meter rings um die Einmündung des Leckergäßchens herum.
Auch die Art der Böller war vor 40 Jahren ganz anders als heute: Es gab einige Böller und wenige lautere Kracher, aber kaum Raketen. Die bunten Feuerwerkskörper mit leuchtenden Farben oder Sternen existierten damals überhaupt nicht.
Gerade diese Feuerwerkskörper enthalten jedoch giftige Schwermetalle. Die optische Freude zu Silvester erkaufen sich ihre Käufer mit möglichen Gesundheitsschäden unbeteiligter Mitmenschen und Tiere. Das ist eigentlich nichts, was moralisch befürwortbar wäre.
Hinzu kommen verängstigte Menschen und Tiere wegen der lautstarken Knallerei. Gerade Kriegsflüchtlinge wrden dadurch durchaus retraumatisiert. Ist das dann wirklich noch ein „harmloser Spaß“, was die besoffenen Pyromanen da mit ihrer bescheuerten Knallerei anrichten?
Zwei Menschen sind in der jüngsten Silvesternacht aufgrund unsachgemäßer Handhabung von Feuerwerk verstorben. Aus Berlin wurden zudem Vorkommnisse berichtet, die einem regelrechten Straßenkampf ähneln. Feuerwehrleute und Polizisten wurden bei Einsätzen von Vermummten angegriffen und mit Böllern beschossen, hieß es da.
Warum also knüpft man nicht einfach das Abschießen von Feuerwerkskörpern ebenso wie das Steuern eines Straßenfahrzeugs an die Bedingung, auf den Genuss von Alkohol zu verzichten? Die Antwort ist einfach: Das ließe sich sehr schwer kontrollieren.
Die andere Möglichkeit ist dann, den Verkauf von Feuerwerk auf professionelle Anbieter zu beschränken und sie auf Alkoholverzicht zu verpflichten. Das würde Bedingungen herstellen, wie sie in vielen Nachbarländern längst bestehen. Vor Allem würde das aber nicht nur Menschenleben und ‚Gesundheit durch eine Verringerung von Unfällen in der Silvesternacht bewirken, sondern auch einen Zugewinn von Gesundheit und Lebensqualität wegen weitaus geringerer Feinstaubkonzentrationen in der Luft und weniger Einschüchterungen oder Retraumatisieerungen durh die krachende Knallerei inmitten der Silvesternacht.
Allmählichh beschleicht mich der vage Verdacht, die Politik scheue aus purem Populismus vor einem Verbot des alljährlichen Feuerwerks zur Jahreswende zurück. Mir scheint es, als sei für manche Böllerer und Knaller das Feuerwerk eine weitere Droge zusätzlich zu ihrem oft übergroßen Quantum an Alkoholika aller Art. Während die Welt in Krieg und Klimakatastrophe versinkt, feuern sie ihre pfeifenden und zischenden Flugkörper auf Gebüsch und Gebäude, andere Menschen oder Tiere ab.

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