Polizei stürmt Kirche: Schüsse auf orthodoxe Christen in Äthiopien

Mindestens zwei Tote nach Schüssen in einer Kirche erregen die Gemüter in Äthiiopien. Eine Sonderheit der Polizei hat das orthodoxe Gotteshaus in Shashemene am 4. Februar 2023 gestürmt und auf die versammelte Menge gefeuert.
Seit Längerem toben religiöse und ethnische Konflikte in Äthiopien. Hintergründe dürften dabei aber vor allem die Machtinteressen des äthiopischen Ministerpräsidenten Abiy Ahmed sein. Offenbar hält er sich an die Machtstrategie des römischen Diktators Gaius Julius Caesar: „Divide et impera!“
Nachdem er den blutigen Bürgerkrieg mit der nördlichen Provinz Tigray beendet hat, sucht Abiy nun offenbar verzweifelt nach Wegen, sich an die brüchige Macht zu klammern. So duldet oder schürt er sogar ethnische und religiöse Konflikte unter den verschiedenen Bevölkerungsgruppen, damit sie gegeneinander kämpfen anstatt gegen ihn. Bei der Kriegsführung in Tigray werfen die Vereinten Nationen (UN) dem Träger des Friedensnobelpreises Kriegsverbrechen wie den systematischen Einsatz von Vergewaltigungen gegen tigrinische Frauen vor.
Der brutale Überfall einer Sondereinheit der Polizei am Samstag (4. Februar) in Shashemene reiht sich in eine ganze serie von Vorkommnissen ein, die kein gutes Licht auf Abiy werfen. Seit mindestens zwei Jahren schwelt ein Konflikt islamischer Fundamentalisten mit orthodoxen Christen in der Region Oromoland, wo auch Shashemene liegt. Lange Zeit hat Abiy die Vernichtungsandrohungen des IS-Sympathisanten Jahwar Mohammed geduldet, der die gesamte Volksgruppe der – überwiegend orthodoxen – Amhara auslöschen wollte.
Auch Abiy gehört dieser Volksgruppe an. Doch nicht nur orthodoxe Amhara, sondern auch Muslime aus der Bevölkerungsgruppe der Oromo werfen Abiy aggressive Attacken gegen den inneren Frieden in Äthiopien vor. Tatenlos habe er zugeschaut, als ein evangelikaler Priester den orthodoxen Christen wegen ihrer Verehrung der Jungfrau Maria einen „Pakt mit dem Teufel“ und „Gotteslästerung“ vorgeworfen und sie mit Bestrafung bedroht hatte.
Abiy hat den Patriarchen der Orthodoxen Kirche von Äthiopien ins Gefängnis gesperrt und einen eigenen Gefolgsmann aus der Volkgsgruppe der Oromo zum Patriarchen ernannt. Als dieser – von der Religionsgemeinschaft nicht anerkannte – Abiy-Getreue die Kirche in Shashemene etwa 165 Kilometer südlich der äthiopischen Hauptstadt Addis Abbeba betreten wollte, verweigerte ihm die Gemeinde den Zutritt. Gläubige stellten sich vor die Kirche und in die Tür.
Die Polizei drängte sie ab und schoss dem „Patriarchen“ von Abiys Gnaden den Weg frei in die Kirche. So wurde es ungefähr berichtet von orthodoxen Christen in Äthiopien. Seitdem herrscht unter ihnen Wut und die Forderung, dass Abiy die Kirchenschändung nur sühnen könne, wenn er selber in der Kirche von Shashemene niederknie und um Vergebung bitte und den wahren Patriarchen unverzüglich aus der Haft entlasse.
Zudem vermuten politisch interessierte Äthiopier, dass Abiy zwei kleine Regionen der Amhara südlich der Nordprovinz Tigray an diese Region angliedern wolle, um diese steinige Region um fruchtbares Ackerland zu ergänzen und damit überhaupt überlebensfähig zu machen. Möglcherweise enthalte das ein gheimer Friedensplan mit der tigrinischen Regionalregierung der Tigray Peoples Liberation Front (TpLF). Um diese Regionen aus dem Gebiet der Amhara ausgliedern zu können, müsste er die zweitstärkste äthiopische Volksgruppe zuvor empfindlich schwächen.
Erst Mitte Januar hatte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock gemeinsam mit ihrer französischen Amtskollegin Catherine Colonna den äthiopischen Ministerpräsidenten in Addis Abbeba besucht. Ziel der beiden europäischen Diplomatinnen war damals, den Friedensschluss mit der Provinz Tigray zu festigen und den Verbindungen Abiys zu China eine „Charme-Offensive“ der Europäischen Union (EU) entgegenzusetzen. Zudem wollten sie Äthiopien im Krieg Russlands gegen die Ukraine auf ihre Seite ziehen.
Das „Techtelmechtel“ mit dem Kriegsverbrecher indes passt nicht zu Baerbocks Anspruch einer „feministischen Außenpolitik“, die angeblich von „westlichen werten“ geleitet werde. Wenn Baerbock nicht völlig unglaubwürdig in den Armen eines Kriegsverbrechers untergehen möchte, muss sie nun vehement Aufklärung der Vorgänge in Shashemene einfordern. Wenn sich in Äthiopien orthodoxe und evangelische Christen zusammen mit Muslimen für die Religionsfreiheit aller einsetzen, darf die deutsche Außenpolitik nicht tatenlos zuschauen, sondern muss den friedlichen Kräften beispringen.