Acht geben: Hand in Hand mit der Angst vor dem Coronavirus

Mit ihren Sorgen und Ängsten gehen Menschen ganz unterschiedlich um. Das muss man auch bei der Diskussion über das Coronavirus beachten.
Beim Lagebesprech 98 habe ich darüber am Mittwoch (11. März) ausführlich mit Dr. Eckart Fuchs, Jens Bertrams und Matthias Schulz gesprochen. Zwei Tage später schrieb Jens Bertrams am Freitag, dem Dreizehnten dazu auch etwas in sein Blog. Wiederum einen Tag später fiel mein Kommentar auf marburg.news am Samstag (14. März) eher kämpferisch aus, weil ich vor Jahren beim Aussteigen aus einem Bus an der mittleren Tür gestürzt bin und seither deswegen auf das Einsteigen beim Fahrer bestehe.
Ich gehöre wohl zu denjenigen, die eine Gefahr lieber kennen, umihr bewusst zu begegnen und sie dann als „unabwendbare – aber vielleicht wenigstens eingrenzbare – Realität“ hinnehmen. Andere sorgen sich sehr und steigern sich in ihre Ängste hinein. Wieder andere wollen lieber nichts wissen, weil ihnen zu viel Wissen zu viel Angst macht.
Diese unterschiedlichen Herangehensweisen muss man wohl ebenso akzeptieren wie die Tatsache, dass traumatisierte Menschen eine besondere „Risikogruppe“ darstellen, weil sie durch die Furcht vor dem Virus retraumatisiert werden können. Zudem gibt es „vulnerable“ Personen mit Vorerkrankungen oder Atemwegsproblemen wie Asthma, die zu Recht Furcht vor dem Coronavirus haben. Darum ist es auch absolut gefühllos, wenn besserwisserische Zeitgenossen die Sorgen ihrer Mitmenschen als „Panik“ abtun und sich über Bevorratung mit dem Schmähwort „Hamsterkäufe“ lustig machen.
Das Coronavirus „Sars-CoV-2“ oder „CoVit19“ ist auch nicht vergleichbar mit der alljährlichen Influenza, weil die Sterblichkeitsrate mehr als zehnmal höher liegt als bei der Grippe und es zudem keine Impfstoffe dagegen gibt. Immerhin gab es am Samstag (14. März) bereits acht Tote in deutschland. Insofernist Vorsorge und Vorsicht geboten.
Wichtig ist vor Allem aber, dass die Gesellschaft in dieser Situation nicht „den Verstand verliert“ und ausgrenzend reagiert. So müssen alle miteinander darauf achten, dass kein Mitmensch wegen der grassierenden pandemie unter die Räder kommt. Solidarität ist gerade jetzt gefragter denn je.
Diskussionsveranstaltungen und Konzerte werden abgesagt. Kitas, Schulen und Schwimmbäder schließen. Alle sollten einander nur noch in gebührendem Abstand begegnen.
Dennoch können solidarische Mitmenschen für ihre älteren Nachbarn Einkäufe erledigen und ihnen dann vor die Wohnungstür stellen. So ersparensie den Senioren eine Gefährdung durch den Gang in den Supermarkt. Außerdem können alle sich darum bemühen, auch im öffentlichen Raum auf möglichst viel Sauberkeit zu achten, damit das Virus sich möglichst wenig weiterverbreitet.
Immer sollten sich alle die Hände waschen, wenn sie Räumlichkeiten betreten oder verlassen. Husten oder Niesen in die Armbeuge sollte inzwischen wohl schon selbstverständlich sein. Seife ist die erste Wahl, damit Desinfektionsmittel denen bleiben, die wirklich darauf angewiesen sind.
Die Bevölkerung sollte selber auf unnötige Gefährdung von Mitmenschen verzichten. In der Aussetzung von Veranstaltungen mit mehr als 50 Teilnehmenden liegt sogar eine Chance, einmal aus dem üblichen Alltagstrott herauszutreten und sich der Werte von Solidarität und Gesundheit zu besinnen. Bürgerschaftliches Engagement für die Gemeinschaft könnte viele Probleme beispielsweise älterer Mitmenschen oder der Kinderbetreuung lösen halfen.
In dieser Situation muss die Politik darauf achten, dass die wichtige Infrastruktur geschützt wird. Das betrifft nicht nur die Aufrechterhaltung der Krankenversorgung, von Strom und Wasser, der Anlieferung von Lebensmitteln und Hygieneartikeln oder die Arbeit von Polizei und Feuerwehr, sondern auch die Erhaltung von Strukturen in Handel, Dienstleistung und Kultur. Ganz besonders schützenmüssen die Verantwortlichen natürlich lebensrettende Strukturen wie Krankenhäuser. Hier erweist sichklar, dass Gesundheitsversorgung auf keinen Fall unter „marktwirtschaftlichen Regeln“ betrieben werden darf, sondern eine lebenswichtige Daseinsfürsorge darstellt.
Das Coronavirus könnte man als Warnschuss betrachten, die Menschheit nicht der Gier weniger Großverdiener auszusetzen. Die alttestamentarischen „10 Plagen“ mit Krankheit, Hochwasser, Vulkanausbruch, Heuschreckenplage und Dürre in Ägypten nannte die Bibel ja auch als Warnung, menschlich umzugehen mit den Schwächeren. Das apokalyptische Gleichnis muss man nicht wörtlich nehmen, aber die dahinterstehende Aufforderung zur Mitmenschlichkeit schon. Am Ende ist klar: Alle müssen sterben. Die Frage ist nur, wann und wie.