Mehr als 1.100 Programme: Ich trauere um meinen Bruder Ulrich Hanke

Unter blinden Computernutzern hat er einen guten Namen. Seine Arbeit in der Interessengemeinschaft sehgeschädigter Computerbenutzer (ISCB) und vor allem seine Technik-Hinweise sind dort berühmt. Gelegentlich wurde ich deshalb auch auf meinen Bruder angesprochen.
Wolf-Ulrich Hanke ist amSamstag (6. Februar) im Alter von 64 Jahren in Lüneburg gestorben. Sein Tod kam unerwartet und war für seine Angehörigen ein heftiger Schock.
Schon als Kind war mein ältester Bruder ein Bastler und Tüftler. Die Modelleisenbahn der Marke Märklin versah er schon früh mit einer ausgeklügelten Zugsteuerung: Über die Wählscheibe eines alten Telefons konnte man aus zehn Zügen einen auswählen, der aus dem versteckten Gleis unterhalb der oberen Sperrholzplatte heraus auf die Strecke fuhr und dort dann seine Runden drehte.
Auch musikalisch tüftelte er so lange, bis er ein Lied spielen konnte. Welches Musikinstrument man ihm auch in die Hand gab, er brachte nach wenigen Minuten immer eine Melodie heraus. Aus Jux kaufte er sich einen schottischen Dudelsack, einen Kilt sowie Kniestrümpfe und setzte sich damit dann auf den Theaterplatz in Bad Godesberg, wo keiner ihn als Einheimischen erkannte, während er „Amazing Grace“ spielte.
Nach dem Abitur am Helmholtz-Gymnasium in Duisdorf studierte er Romanistik an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn. Seine guten Französischkenntnisse verbesserte er stetig bei regelmäßigen Besuchen in Villefranche sur Mer, wo er sich mit einem alten Fischer angefreundet hatte.
Doch die nachlassende Sehkraft zwang ihn dann, das Fremdsprachenstudium aufzugeben. Er nahm eine Stelle in der Bundeswehrverwaltung an, wo er bis zu seiner Pensionierung arbeitete. Dort engagierte er sich auch als Schwerbehindertenvertrauensmann und im Personalrat.
Daneben übernahm er dann auch Aufgaben im ISCB. Als Kassenwart kümmerte er sich um die Finanzen; und als Tester von Computerprogrammen beriet er blinde und Sehbehinderte Computernutzer bei der Auswahl geeigneter Software.
Weit mehr als 1.100 Programme hat er selber getestet. Sie alle hat er auf seiner Website WWW.ulrichhanke.de vorgestellt. Viele hilfreiche Programme stehen dort zum Download bereit.
Zum letzten Mal hat er diese Webseite am Mittwoch (3. Februar) aktualisiert. Nun wird er das nie wieder tun können.
Als sein Bruder könnte ich bestimmt 1.100 Anekdoten über ihn erzählen. Sein rheinischer Humor und sein Engagement zugunsten anderer Menschen haben ihn bis zum Schluss getragen. Mehrere Operationen hat er erdulden müssen; vor einer weiteren anstehenden OP ist er am Samstagabend friedlich eingeschlafen.

5 Kommentare zu “Mehr als 1.100 Programme: Ich trauere um meinen Bruder Ulrich Hanke

  1. Die Trauerfeier für Ulrich Hanke findet am Samstag (20. Februar) um 10 Uhr auf dem Waldfriedhof Lüneburg statt. Statt Kränze bittet die Familie um Spenden für den Förderverein der Blindenschule Soest.

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