Nie wieder Faschismus: Ausgerechnet Seehofer, VS und VDS gegen Antisemitismus?

Ich weiß nicht, ob ich wütend oder traurig sein soll. Ausgerechnet der Obergrenzer Horst Seehofer will den grassierenden Antisemitismus mit Hilfe von bKA und „Verfassungsschutz“ bekämpfen.
Nach dem faschistischen Mordanschlag auf die Synagoge von Halle ist die Bestürzung groß. Nach den Greueln der Shoa muss Deutschland beweisen, dass Antisemitismus in diesem Land keinen Platz hat. Schließlich schworen die Überlebenden nach dem Ende des 2. Weltkriegs eindringlich: „Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!“
In Marburg haben 3.000 Menschen am Samstag (12. Oktober) eindrucksvoll Gesicht gezeigt gegen Gewalt und Hass. #Wirstehenzusammen gegen Terror und Gewalt lautete die Parole zur Solidarität für das jüdische Leben an vielen Orten in Deutschland. Tausende haben ihren jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern ihr ehrliches Mitgefühl und ihre tätige Unterstützung bekundet.
Wenn sich gleichzeitig aber auch die Böcke als Gärtner ausgeben, dann ist Vorsicht geboten. Wenn Verfassungsschutz und Bundeskriminalamt (BKA) mehr Personal fordern, um den Antisemitismus zu bekämpfen, dann klingeln bei mir alle Alarmglocken. Wenn sie dazu auch noch die Vorratsdatenspeicherung (VDS) einfordern, dann wird diese Ankündigung für mich eher zur Bedrohung als zu einem Anlass zur Hoffnung.
Wer hat denn in den letzten Monaten die Atmosphäre gegenüber Geflüchteten und der Flüchtlingshilfe vergiftet? Wer hat denn lange Zeit die Seenotrettung im Mittelmeer behindert? Wer hat sogenannte Ankerzentren gefordert, um Geflüchtete möglichst schnell wieder abzuschieben?
An seinem 69. Geburtstag hat Seehofer sich gefreut, dass genau an diesem Tag 69 Menschen nach Afghanistan abgeschoben wurden. Diese Abschiebung in die Hölle war unmenschlich und mörderisch. Wer zu solch etwas fähig ist, erweist sich damit als menschenverachtender zynischer Rassist.
All das ist nach der NSU-Mordserie geschehen. Aufgeklärt ist sie bis heute nicht. Nach wie vor gibt es erhebliche Zweifel an der Rolle des Verfassungsschutzbeamten Andreas Temme beim Mord an Halit Yozgat in Kassel.
Auch der Mord an walter Lübcke hat noch nicht zu den nötigen Konsequenzen geführt. Nicht nur in Hessen tauschen Polizeibeamte Nazi-Nachrichten aus und bedrohen vermutlich die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Basay-Yildiz mit dem Tod und der Hinrichtung ihres Kindes mit dem erschreckenden Bekennerkürzel „NSU 2.0“.
Dieser Polizei und diesem Verfassungsschutz kann man den Schutz der jüdischen Mitmenschennicht beruhigt anvertrauen. Noch mehr Kompetenzen darf man ihnen schon gar nicht einräumen. Vielmehr muss man die demokratischen Kräfte in diesen Organisationen stärken, indem unabhängige Polizeibeauftragte als Ansprechpartner für Whistleblower bereitstehen.
Doch dergleichen war und ist für Seehofer kein Thema. Er kocht sein rassistisches Süppchen auf dem brodelnden Feuer von Rassismus und Rechtspopulismus.
Wer Menschen als „Bedrohung“ und „Gefahr“ diskriminiert und ihren Tod für eine rechtspopulistische Politik billigend in Kauf nimmt, der kann kaum glaubwürdig gegen Antisemitismus kämpfen? Hass und Hetze gegen Geflüchtete sind eine genauso schändliche Form von Menschenfeindlichkeit wie Judenhass. Seehofers Politik ist maßgeblich mit dafür verantwortlich, dass die Rechtspopulisten immer mehr Auftrieb erhalten haben.
Nur wer der Hetze von AfD und NPD nicht hinerherläuft, sondern ihr entschieden entgegentritt, der tut wirklich etwas Wirksames gegen Antisemitismus und Rassismus. Darum fordere ich die Bundesregierung auf, die völkerrechtswidrige Praxis des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zügig zu revidieren und keine Machtspielchen mit rassistischen Positionen zu betreiben. Menschenrechte sind unteilbar und gelten für Geflüchtete ebenso wie für Menschenjüdischen oder muslimischen Glaubens.

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